Fr 23. Mai 2014 - 20:30 - STADTHALLE SINGEN - 25 Jahre JazzClub + 500. Konzert!
Youn Sun Nah & Ulf Wakenius
Sängerinnen, die es vermögen, ein ganzes Genre wachzurütteln, sind selten. Die Koreanerin Youn Sun Nah ist ein solches Phänomen, wovon man sich im Februar 2011 bei ihrem ersten Konzert in Singen überzeugen konnte. "Ein Wunder", "ganz grosse Kunst", "bezaubernd" oder "Weltklasse-Gesang" befand auch die deutsche Presse. Binnen zwei Jahren bekam sie ihren mittlerweile vierten 'Korean Music Award', den Publikumspreis des BMW Welt Jazz Awards und den ECHO als Jazz-Sängerin des Jahres international. In Frankreich, ihrer zweiten Heimat, war die CD *Same Girl* (Act Music) das meistverkaufte Jazzalbum des Jahres 2011 und sie erhielt dort weitere grosse Auszeichnungen, z.B. die Adelung zum 'Chevalier de l'Ordre des Arts et des Lettres'.
Was aber ist das Geheimnis dieses beispiellosen Erfolgs? Das neue Album *Lento* (Act Music) gibt Antwort, bündelt es doch, wie unter einem Brennglas, ihre einzigartigen Stärken. Da ist zuallererst der selbstverständliche Zugriff auf von den unterschiedlichsten kulturellen wie musikalischen Quellen gespeistes Material. Ausser beim Jazz oder bei Jazz- Affinem bedient sie sich respektvoll, aber sehr freimütig bei Chanson, Pop oder Folk.
Neben Eigenkompositionen der Sängerin und ihres kongenialen, langjährigen Duopartners, des schwedischen Gitarristen Ulf Wakenius, findet sich eine hauchzarte Version des koreanischen Volksliedes *Arirang*, ebenso wie *Hurt* von den Dark-Rockern Nine Inch Nails und Stan Jones *Ghost Riders In The Sky*, ein vor allem von Johnny Cash berühmt gemachter Country-Klassiker. Erstmals verarbeitet Youn Sun Nah auch ein Werk der europäischen Klassik: Alexander Skrjabins Prélude op. 16 Nr. 4 in e-Moll, dessen Tempobezeichnung *Lento* nicht ohne Grund den Albumtitel inspirierte. Sie gibt den Tenor vor für einen intimen, stimmungsreichen, in sich ruhenden musikalischen Kosmos.
Es sind die ruhigen und langsamen Momente, aus denen sie ihre ganze Ausdruckskraft entwickelt. Ob sie Stücke wie *Full Circle* als hauchzarten Chanson anstimmt, zu sich zum Herzzerreissen steigernden Klagen auftürmt wie bei *Lament* oder artistische Vokalisen abfeuert wie bei *Momento Magico*. Es ist ihre Präzision bei Intonation und Phrasierung, ihr unvergleichliches Timing und kristalline Glanz Glanz ihrer Stimme, durch welche aus minimalistischen Formen höchste Eleganz, mystischer Zauber und tiefes Gefühl entspringen. Originell und eigenwillig, dabei scheinbar ganz unangestrengt, eröffnet sie dem Hörer höchst reizvolle Räume und ist damit die aktuell vielleicht überzeugendste Repräsentantin eines Jazz, der, stilistisch aufgefächert, sich das ganze Spektrum der Kunstmusik einverleibt.