Fr 6. Juni 2014 - 20:30 - GEMS
Klaus Heidenreich Quartett
Ob nun der *Man On Wire*, so der Titel der zweiten CD des Klaus Heidenreich Quartetts (Unit/Harmonia Mundi) lediglich Nachrichten empfängt oder sogar abhört (so mögliche Übersetzungen des Titels), sei dahin gestellt. Sicher ist, dass der Posaunist Klaus Heidenreich (u.a. festes Mitglied der NDR Bigband) und der Pianist Sebastian Sternal (Echo-Jazz-Preisträger), der Bassist Robert Landfermann und der Schlagzeuger Jonas Burgwinkel ihre musikalischen Antennen sowohl rückwärts als auch vorwärts gepolt haben.
Und zwar in einer Zwielicht-Passage, die von heiteren Latin-Andeutungen zu einem verqueren Posaune-Klavier-Dialog führt. Verfremdungen wie Plunge-Dämpfer öffnen den Weg durch unbestimmte Pulsfrequenzen ins Abseits, wo ein Rhodes-Pianosolo harmonische Seitenlinien ausspäht. Die CD, der Nachfolger des Debüts *Travel Notes* in der 'Jazzthing Next Generation'-Reihe, sprüht vor Kommunikation, setzt sich feinfühlig zu Traditionspunkten wie Billy Strayhorn in Beziehung und spielt mit den Assoziationen, die sich daraus ergeben.
"Tradition und die Suche nach etwas Neuem sind nicht zwangsläufig Gegensätze", erläutert Klaus Heidenreich die Grundlage seiner Aufnahme. "Wie bei einem Seiltänzer geht es bei der Suche nach Freiheit letztlich um die richtige Balance." Deshalb auch der Titel der CD und aus dem gleichen Grund scheint die Musik, obwohl sie einerseits klar dem Klanggemenge der gestalterisch ausgebufften jazzenden Moderne entstammt, auf der anderen Seite direkt der Gefühls- und Gedankenwelt der Beteiligten zu entschlüpfen. Diese Lässigkeit, niemandem folgen zu müssen, ist der Luxus, den sich das Klaus Heidenreich Quartett leistet. Niedrige, aber stets dichte Spannung bestimmen die eher dezent von Jonas Burgwinkel begleiteten Songs dieses Albums, wobei das Interplay stets direkte Kommunikation und deutliche Formkonturen anstrebt.