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Mi 17. Nov 2021 - 20:30 - GEMS

Jamie Branch *Fly Or Die II: Bird Dogs Of Paradise*

Jamie Branch (Trumpet), Lester St. Louis (Cello), Jason Ajemian (Bass), Chad Taylor (Drums)

Ein Sequel. Das nimmt man zumindest an, wenn die 2 (oder römisch II) hinterm Titel steht. Wie *Jaws 2* also. Mit jenem Biss zumindest. Die amerikanische Trompeterin Jamie Branch erfindet sich auf ihrer zweiten CD auf dem Label International Anthem *Fly or Die II: Birddogs of Paradise* nicht neu, sondern setzt ihren Weg fort, den sie mit ihrem vielgelobten Erstling *Fly or Die* (ihrem verstorbenen Hund gewidmet) von 2018 genommen hat. Das heisst: lose Songstrukturen, wie eben erdacht, doch immer sprühend vor Charme, ordentlich viel Rhythmus, der aber abrupt kippt und bricht, die Trompete mit blechernen Stössen, sich um Kohärenzen wenig scherend, alles scheinbar ohne Anstrengung produziert, wie bei einer Jam Session.

Es ist die bereits bekannte, tadellos eingespielte Besetzung aus Lester St. Louis am Cello, Jason Ajemian am Bass und Chad Taylor am Schlagzeug. Durch die immer sinnvoll eingesetzte Verwendung von Elektronik und Synthesizer wird die ohnehin klangreiche Palette noch erweitert. Und dann der Gesang. Oder Sprechgesang eher. Jaimie Branch leistet sich da, im Einklang mit der Gesamtanmutung, eine gewisse charmant-bockige Schnoddrigkeit.

In *Prayer for Amerikkka Part I* eine Art verzögertem Blues, packt sie die Wut über ihr Land: money, blood, slaughter, hatred hier die Stichworte. *pt.2* schildert dann einen Fall von separierten Kindern bei ihrer US-Einwanderung. Diese Sozialkritik ist zeitgemäss verpackt, kommt lässig daher, ohne allzu grossem Strukturwillen, ohne Moralin, doch sich einmischend. Das groovige Element, fast als möchte sie gerade in heiklen Zeiten ihre Abstammung aus Kolumbien betonen, fällt hier deutlicher aus z.B. auf *Nuevo Roquero Estereo*.

Ein Postulat packt sie auch mit hinein ins Booklet. Dessen zwei letzte Sätze lauten: "Listen to each other - Love each other - Take care of each other. Now sound the trumpets and get ready to roll." Ethik und Sound: ein attraktives Paar, das Jaimie Branch mit leichter, von Punk besselter Hand zusammenbringt.

Deutscher Jazzpreis 2021 !!