JazzClub Singen

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Mi 15. Nov 2023 - 20:30 - GEMS

© Palma Fiacco

James Brandon Lewis *Molecular Systematic Music*

James Brandon Lewis (TenorSax), Aruán Ortiz (Piano), Brad Jones (Bass), Chad Taylor (Drums)

Der amerikanische Tenorsaxophonist James Brandon Lewis hat sich in wenigen Jahren vom Rising Star zu einer etablierten Grösse auf dem Saxophon entwickelt, und der Jazzclub Singen ist stolz, seine aktuelle Working Band, für die er gerade den Deutschen Jazzpreis 2023 als bestes Ensemble erhalten hat, präsentieren zu können.

Nach zwei programmatischen Studio-Produktionen und dem Mitschnitt seines Duos mit Drummer Chad Taylor in Willisau legt das Intakt Label nun nach mit einer Live-Doppel-CD *Molecular Systematic Music Live* aus der Roten Fabrik in Zürich. Seine Band mit Aruán Ortiz am Piano, Brad Jones am Bass und Chad Taylor am Schlagzeug präsentierte dort das Programm der Studio CD *Molecular*, und so kann man erleben, wie das Quartett die Kompositionen und Arrangements, die dort sehr kompakt dargeboten waren, im Konzert mit ausführlichen Improvisationen ausfaltet.

Wieder verblüfft die unmittelbare Intensität des Saxophonisten, seine an Coltrane gemahnende hymnische Expressivität und eine spirituelle Tiefe, die nichts aufdringlich Bekenntnishaftes hat. Sein Ton strahlt vielmehr jene selbstverständliche Autorität aus, die das Kennzeichen der grossen Tenoristen der Jazzgeschichte ist. Auch wenn er den Stücken einen kompliziert klingenden theoretischen Überbau mitgibt, sind seine Kompositionen doch stets sehr fassliche, konkrete Melodien. Mal ist es eine Rubato-Ballade, mal eine lässig groovende Hymne oder ein rhythmisches Zwei-Akkord-Pattern, die die Band zum Sprungbrett für extensive Exkursionen nimmt. Die zupackende Rhythmik Taylors hält die Musik in einer dynamischen Vorwärtsbewegung. Höhepunkt ist das 13-minütige *Breaking Point*, eine überraschend zeitgemässe, geschichtsbewusste Interpretation Coltranescher Intensitäten.

Ein Ensemble, das vor Spielfreude und Kreativität nur so sprüht. James Brandon Lewis' Saxophonklang verbreitet eine bebende Lebendigkeit, wie man sie noch kaum je gehört hat, und die vier Musiker scheinen, bei aller Präzision und Raffinesse des Zusammenspiels, zu spielen, als sei es das letzte Mal.